Sonntag, 4. Dezember 2022

DIE SPINNERIN AM ALETSCHGLETSCHER

 

1.   

Äin vo de lengschte und schöönschte Gletscher i de Bèèrgwält isch de Aletschgletscher im Wallis. Nììd zum säge, die Farbe und Forme vo sine Ystürm. Nììd zum zelle die vile tüüfe, grüene Spalte.

Und deet i säbne Spalte, wo tüüf unde s Wasser gùùrglet und ruuscht, deet so verzellet sich d Mäntsche im Wallis, sind d Seele vo de Abgestorbne dihäi. Und d Hebamm holt die chlyne Chind us säbne Spalte und bringt si dene Müetere wo es Mämmeli begääret.

Aber wie au immer, nööch bi dem Gletscher isch vor mängs Zit es wätterschwaarzes Holzhüüsli gstande. I dem hed en alti Witfrau gwont. En fèèrn Verwandte hed ire amel e Bùùrdi Holz zue träit, wänn er mit em lèère Chèèsrääf us em Spycher dunde im Wald häichoo isch. Und mit dem Holz hed die Alt im Winter braav ire Ofe chönne yhäize. S Eläi sy hed sich die alt Frau mit Spinne vertribe und me säit wit und bräit hei niemert de Fade schööner und fyner chönne spinne. Und wänn sie früener d Altschmidja ghäisse worde n isch, so händ ire iez Lüt dunde im Taal scho lang nur no d Spinnerin am Aletschgletscher gsäit.

Sie hed vil für die Seele im Gletscher bättet und wänn si amel bis tüüf i d Nacht ine gspunne hed, so hed sich s Gemurmel vo irne Gibätt mit em Schnurre vom Spinnraad vermischt. D Huustüüre hed si i de Nacht amel en Spalt wit offe glòò, as d Mäntscheseele us em glaarige Gletscherys händ chönne i iri Stube cho und sich am grosse waarme Giltstäiofe händ chönne uufwèèrme.

Eläi, die Gletscherseele händ eerscht dörfe ine choo wänn die Alt im Bett glääge n isch. Ass si iez gwüsst händ wänn s so wit isch, hed d Altschmidja s Fäischter uuftòò und hed geg de Gletscher dure grüefft: „Iez! Mìr aber weder zum Schade no zum Nachteil!“ Dänn hed si es Stümpeli Liecht lo bränne lòò und isch is Bett gange.

Bald, isch wie vo Gäischterhand d Huus- und d Stubetüür uufgmacht worde. En chalte Luft isch ine z faare cho und iez isch es ine tripplet und trapplet grad wie wänn e uvilni Volch i d Stube ine und hère zum Giltstäiofe z waale chèèm. Das isch die ganz Nacht es ine und use gsy, grad wie imene Imbebeicher. Die guet Altschmidja aber hed tüüf und fescht i irem Bett gschloffe, d Fäderetecki bis über de Chopf ue zoge und hed vo dene Gäischter nüüt gsee und nüüt ghöört.

Eerscht geg de Morge, wänn im Taal s Chilezit zum Roosechranz glütet hed, isch die Gäischterschaar wider verschwunde. D Altschmidja hed sich aagläit, hed es Chacheli Milch trunke und isch wider as Spinnraad gsässe.

So isch das i iedere Nacht gange, de ganz Winter dur. Àinisch aber, inere glaarig ysige Winternacht, hed si sich versuumet will si de Räschte Wèèrg no hed welle ab em Rocke spinne. Ob dem isch d Zit im Schwick vergange und s Zwölfi hed scho gnööchet. D Altschmidja hed scho en Wyl es chüschele und loorgge ghöört, hed sich aber nììd witers gachtet, will si gmäint hed, as es vom Spinnraad chonnt. Uf äinisch aber hed öpper vor em Fäischter ganz tütli grüefft: „Schoch, Schoch, Schoch, d Altschmidja spinnt noch!“ D Altschmidja hed s Spinnraad aaghaa isch as Fäischter gange und hed use grüefft: „Ich wäiss es wool, ich will nur no die Locke Wèèrg abspinne!“

S isch aber en eebigi Lengi gange und zletschtemänd heds dusse vo neuem reklemiert: „Schoch, schoch, schoch, d Altschmidja spinnt immer noch!“ Do hed si d Geduld verloore und si hed grüefft: „So chömmet halt ine, wänn ir nììd möged waarte bis ich fertig bin!“

Si hed aber im Vergäss nììd gsäit: „Mìr weder zum Schade no zum Nòòchtäil!“

D Tüür isch mit emene Knall uufgfloge und en ganze Schwaarm vo dene unsichtbaare Gäischter isch i d Stube troolet, as es ruuscht und summt und e käi End hed welle nèè. D Altschmidja hed d Hand uf s Hèèrz ghaa und s isch ire uf s Mòòl süttig häiss worde am Spinnraad, as es ire nume so abepächlet isch und si hed sich nümm chönne verrode, weder vürschi no hindersi, d Stube isch graglet voll gsy vo dene Gäischter und si hed müesse di ganz Nacht am Spinnraad hocke n und passe, bis am Morge die ungmüetliche Gäischter äntli wider verschwunde sind.

Sie heds s als Stròòff aaglueget, will si d Seele so lang i de glaarig chalte Luft uss hed lo warte lòò  und vo do a hed sie nie mee über Zit us gspunne. Wänn s Zit gsy isch hed si es Liechtli lo brenne, hed s Zäiche zum Fäischter uus gèè und isch is Bett go schlòòffe.

So sind d Jòòr vergange und d  Altschmidja isch en alti Frau worde. Und dänn händ iri Chräft so rasch noo gèè, as si gwüsst hed si muess bald stèèrbe. Si hed drum de Bueb, wo n er ire Holz pròòcht hed gschìckt, er söll go d Chrankewärterinne he bstelle. De Bueb hed zwee Äigni mit pròòcht und die händ natüürli au um die aarme Seele im Gletscherys gwüsst und wie guet as d Altschmidja immer mit ne gsy isch. Wo s ygnachtet hed, händs gwaartet was d Gletscherseele iez mached, wänn s merket as iri guet Fründin gstorbe n isch. Do hed vor em Fäischter öpper grüefft: „Schoch, Schoch, Schoch,d Altschmidja läbt no.“

D Altschmidja hed de Chopf e chly glupft und e Sälikäit isch i irem verrumpflete Gsicht zum gsee gsy. Dänn hed si d Händ zum Gibätt zäme ghaa und dänn isch si gstorbe. Do isch äismòòl e Häiteri gsy vor em Fäischter, wie wänn de Vollmond hinter de schwaarze Wulche für chèèm und die beede Fraue händ gsee, wie vom Gletscher her e langi Räie stuuchebläichs Volch nööcher cho isch und iedes vo dene Gstalte hed e Cherze i de Hand träit. Es sind genau so vil Cherze gsy, wie d Altschmidja für die aarme Seele aazündt hed. Die schneewysse Gstalte händ sich tüüf vor ire verbüügt, händ ire n e Cherze gèè und mit de Altschmidja voruus sind s wider richtig Aletschgletscher devoo gange, wo äis Liecht nach em andere i de tüüfe Gletscherspalte verschwunde isch.

Walliser Sage, Johannes Jegerlehner, Edition Olms 1989

 

 

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