Montag, 16. Mai 2016

Liebesdinge

Von einer erregenden Sache vernahmen die Chorrichter von Affoltern i. E.
am 9. Januar 1631. Einer der Männer wusste zu berichten, dass zwei
Dienstmägde am vergangenen Neujahrsabend zu Heiligenland „ein Trank
zbereitet heigen, welches sie etlichen underschiedlichen Gsellen
anerbotten heigind zu trinken“. Das sei vermutlich geschehen, „dass sy
nach getanem Trunk sich ihnen in mutwilligen fleischlichen Werken hätten
müessen annehmen“.

Pfingstwecken Menzenschwand


Pfingstwecken in Menzenschwand

Was war das ein Spass, als ich nach einem Spatziergang rund um Menzenschwanden und einem Abstecher zu Sissi auf die Herren Chrisi, Simon, Manuel und Marco getroffen bin, welche mir, nachdem sie mir den Brauch des Pfingstweckens erläutert haben, auch gleich noch mit viel (vergebener) Liebesmüh das knallen mit der Peitsche beibringen wollten.

Menzenschwand besteht aus drei Dorfkernen, Vorderdorf, Mitteldorf und Hinterdorf hat knapp 600 Einwohner und liegt am Südfuss des Feldbergs im Schwarzwald. Hier bin ich auf meinem Sonntagsspatziergang den Herren Chrisi, Simon, Manuel und Marco, welche sich mit feuchtfröhlichem Eifer und mit lautem Peitschenknallen dem Pfingstwecken widmeten. Eigentlich, so klärte mich Manuel auf, sei es ein 1. Maiwecken, aber dann sei es hier oben noch zu kalt und deshalb hat man den Brauch hier auf Pfingsten verschoben.  Am Pfingstsonntag also zieht die Trachtenkappelle Menzenschwand, http://www.musikverein-menzenschwand.de/ spielend vom Vorderdorf zum Hinterdorf, wobei man unterwegs auch das Einkehren nicht zu
vernachlässigen habe, wodurch sich der Umzug doch sehr in die Länge zieht. Oben am Berg aber knallen unterdessen Manuel und Marco mit ihren gewaltigen Peitschen, welche aus dem rohen Stämmchen einer jungen Fichte gebaut sind. Ich hab geübt und geübt, aber ausser blauen Ohren kam nicht viel dabei heraus. Nun ja, mit einem Tannestämmchen bestückt, habe ich mich am Abend wieder auf den Heimweg gemacht, mit dem Versprechen, bis zum nächsten Pfingstsonntag fleissig zu üben. Mal sehen ob ich in einem Jahr die beiden Herren in ihrem Tun unterstützen kann.




Mittwoch, 11. Mai 2016

Albgöttisch


Albgöttisch 

Vom Erleben und Denken unserer Bergler, von Magie und Geistern und von den Ersten und Letzten Dingen. Das neue Programm jetzt bei euch im Theater.
Mit Albgöttisch bringen Jürg Steigmeier & Doppelbock die Magische Welt des goldenen Ringes in die Gegenwart. Sowohl Steigmeier als auch Doppelbock interessiert dieses alte Material lediglich als Quelle. Ziel des Projektes ist es diese alten Sagen und diese vergangene Musik in einen heutigen Kontext zu stellen. 



Schon die Reden und Erzählungen unserer Bergler befremden den Uneingeweihten, erscheinen ihm eigentümlich schwer und oft bedrückend. Da ist dem Küher das Unglück so sicher wie das Amen in der Kirche, sollte er die Wildmännchen verspotten oder nicht Grüssen. Da kann einem Senn ein ganzes Sennten Vieh verschwinden, weil er in seiner Müdigkeit den Betruf vergessen hat, er also den goldenen Schutzring für die Nacht nicht um sein Hab und Gut aufgerufen hat: „Phüet is Gott,
Ehr, Lyb und Seel und so mängs Häuptle Vee auf dieser Alp ist und gehört so mänger Ängel sey au derby!“ Da meldet sich der Berg bevor er die Alp unter sich begräbt. Da vergletschert eine Alp, weil der Berggöttin die geschuldete Achtung verweigert wird oder sie im Winter beim Gaumen des Viehs vom Bauern gestört wird. Madrisa,die Frau vom Schafloch oder die Schwestern von den Fideriser Heubergen. Sie alle verschenken unendlichen Segen an den Bergler, wenn er ihnen den nötigen Respekt entgegen bringt. Sie können sich aber Augenblicklich in die personifizierte Katastrophe verwandeln, welche unendliches Unheil über die Alpgemeinschaft bringen kann. Die verschiedenen Geschichten sind Ausdruck unterschiedlicher menschlicher Gefühle und Emotionen und Zeugnisse unterschiedlicher religiöser Systeme und Vorstellungen, archaisch, heidnischer Glaubensreste ebenso wie christlich, kirchlicher Belehrung. Eduard Renner schreibt hierzu in seinem Standartwerk „Goldener Ring über Uri,“ erschienen 1941 im M. S. Metz Verlag Zürich: „Drei gewaltige Kräfte werben also um die Seele des Berglers: das Magische als Erlebnis, das Katholische als Religion und das Animistische vielleicht als Versuchung. Erst in dieser Verbindung entsteht seine Welt, und erst in dieser Welt erreichen seine Handlungen die pontifikale Grösse, die wir etwa am Betruf bewundern.“ Rennhard unterscheidet drei grosse Einheiten: „Das ES, der FREVEL und der RING. Sie sind Erlebnisformen der Bergler und tragen in sich als die drei möglichen Elemente: das Christliche, das Animistische und das Magische…Sie sind,ihrer Gewalt und Ungebrochenheit nach, jenen Zeiten zugeordnet, da der Mensch erstmals staunend und erschauernd seinen Blick erhob und gewahrte, dass ihm das Reich der Erde zu Füssen lag. Von diesem Pulsschlag an ward die Magie, sie war und blieb bis auf den heutigen Tag der menschliche Anteil am natürlichen und göttlichen Geschehen.