Donnerstag, 23. Juli 2015

Cölestine und s Franz-Josi

Heute ging es steil bergauf mit mir Richtung Jungen auf 1955 M. ü. M. Und an dieser Stelle, mit Blick hinüber nach Grächen, möchte ich euch heute eine Geschichte erzählen, die ist ein bisschen noch wahrer als meine Geschichten üblicherweise eh schon sind. Denn hier oben hütete früher „s Franz-Josi“, der Grossvater der Mutter meiner Kinder, seine Ziegen. In Jungen, kann ich euch sagen, sagen sich Ziegen und der Bär gute Nacht und es kann ziemlich einsam sein da oben, wenn auch der Ausblick übers Tal atemberaubend ist. Deshalb, so wird es noch heute in der Familie erzählt, soll „s Franz-Josi“ von Zeit zu Zeit das Leintuch vors Fenster hinaus gehangen haben. Dies war für seine Frau die Cölestine drüben in Grächen das Zeichen, dass „s Franz-Josi“ etwas von ihr wollte und sie, sobald sie das Zeichen sah, machte sich auf den Weg, hinüber nach Jungen, zu ihrem Franz-Josi. Wovon man aber ausgehen kann; ganz Grächen kannte und sah das Zeichen drüben in Jungen an Franz-Josis Kammerfenster auch.

Montag, 20. Juli 2015

Pfiffe im Bannji

Das Haus in dem ich zur Zeit wohne steht unweit vom Bannji, das ist das Waldstück zwischen Grächen und Gasenried, entfernt. Etliche Sommer lang haben wir in diesem Zauberwald mit unseren Kindern an den Wasserleitungen mit Stöckchen und Tannzapfen Bauernhof gespielt. Wir waren uns sicher, dass in diesem Wald Wesen aus einer anderen Welt zuhause waren und wenn Nachts uns unbekannte Rufe aus dem Wald zu uns herüber klangen, wurden wir in unseren Vorstellungen nur noch mehr bestärkt. Ganz klar Pfiffe aber hörte Pfarrer Johann Bittel, als er 1899 als Neupriester nach Grächen kam, und an einem prächtigen Sommernachmittag „uf um Fridhof va Greechug spaziert und schiis Brevier gibättut“ hat. Vom Bannji her kam der grelle Pfiff, und noch einer und noch ein letzter scharfer dritter Pfiff folgten. Jetzt wusste der Pfarrer was er zu tun hatte. Er begab sich in die Kirche, nahm die Wegzehrung und das heilige Öl, „di Komijoo und ds heilig Ell,“und lief Richtung „Bannji“. Dort fand er einen Mann, der sich beim Holzfällen verletzt hatte und im Sterben lag. Der Pfarrer konnte ihn versehen und ihm im Tode beistehen.

Sonntag, 19. Juli 2015

Totenprozession bei der Eggenkapelle



Heute führt mich der Weg Richtung Bärgji, vorbei an der Eggenkapelle welche neben der Pfarrkirche eine der vier Grächner Kapellen ist und 1856 durch die Gemeinde aufgebaut wurde. Sie ist der Muttergottes geweiht, und ihr Inneres wird durch zwei gewaltige Gemälde vom Jüngsten Gericht aus dem 18. Jh. Geschmückt, welche ein eindrückliches Beispiel dafür sind, wie die Katholische Kirche ihre Schäfchen von altem Glauben abbringen wollte. Die Walliser glaubten nämlich weder an Himmel noch an die Hölle. Sie glaubten, dass die Verstorbenen ihre Schuld da abzubüssen hätten wo sie gesündigt haben. Vor allem in den Nächten vor den Aarmuseelutagu het mu die liidundu Too in der Totenprozession vermerkt und einzelne Personen erkannt. Vom Gratzug wird hier im Wallis viel erzählt. De bekannteste Gratzug ist de Tschingelweg,welcher über 99 Alpstaffeln führt. Wer in einen solchen Zug gerät hat nicht mehr lange zu leben oder er bekommt den Todeskuss, „gruusig, schmerzhafti Uusschläg und Eiterbeulen. Die Leute sagen dann: „Er isch in d Winda choo.“. Ein solcher Gratzug weht eben auch an der Eggenkapelle vorbei und über die Bina hinunter bis zur Vispe.



Samstag, 18. Juli 2015

Die alte Kirche zu Grächen

Auf dem Weg zum meinem Aufwachkaffee komme ich jeden Morgen an der steinernen Grächner Pfarrkirche vorbei, welche 1935 in der heutigen Form erbaut wurde. An derselben Stelle wurde schon 1433 eine Kapelle zu Ehren des Hl. Jakobus errichtet, im Gebiet welches die Grächner früher die Wildnis (d Wildi) nannten. Es standen hier nur einige wenige Häuser und die meisten Leute wohnten zu der Zeit in der "Bina" oder "Zer Grechu". Man wollte die Kirche deshalb ursprünglich auf dem "Hohstadulbiel" zwischen Niedergrächen und der Bina bauen. Aber jeden Morgen, wenn die Arbeiter auf den Bauplatz kamen, war das Werzeug verschwunden und immer fand man es oben in der Wildi. Die Leute meinte deshalb mit der Zeit die Armen Seelen hätten wohl das Werkzeug da hinauf getragen, um den Grächnern anzuzeigen wo die Kirche zu stehen habe. So wurde die Kirche an der heutigen Stelle erbaut. Später stellte sich heraus, dass die Leute der Wildi das Werkzeug hinauf getragen hatten, um den weiten Kirchweg hinunter aufs "Hohstadubiel" zu vermeiden.

Gottwärginji

Wie mein gestriger Fund eindrücklich beweist, gab es früher auch in Grächen Zwerge. Sie lebten im "Töugwald," unter der "Glatten Egga" und beim "Heidnisch Tosso" in Erdlöchern, welche man, wie mein Foto zeigt, heute noch sehen kann.
Als Haustiere hielte sie sich Ziegen. Weil sie aber oberhalb der Waldgrenze zu wenig Heu bekamen, um zu überwintern, kamen sie manchmal herunter in die Güter und rupften Gras ab, um es dann oben auf den Steinen zu trocknen. Wenn die Grächner sie dabei erwischten, heint schi si mit Gufer (Steinen) wider amüfgitribu. Als dann auch noch die Winter immer strenger und die Sommer kürzer wurden, starben die Zwerge allmählich aus.
Haltertonujoosi het unner der Glattu Eggu chleini Höutuschittele (Totenschädel) gfunnu.
Als er es aber unten in Grächen erzählte lachte sie in aus. Er aber meinte nur: "Wa Höutuschittele sind, da sind öu Lit gsi."

Riedgletscher

Heute führt mich mein Weg zum Riedgletscher. Dieser war früher ein unheimlicher Bursche. Denn wie überall im Wallis musste man auch in Grächen die Wiesen und Gärten bewässern, we mu will röubu oder Härpful, Chabis und Retrich ichällru. Deshalb grub man vor mehreren Jahrhunderten vier Wasserfuhren, welche Wässerwasser vom Riedbach heraus auf die Güter bringen. Doch der Riedgletscher stiess immer wieder vor und drückte die Fassungen weg, asoo dass mu d Wasserleite het miessu teifer verleggu.
In ihrer Not liessen die Grächner zwei Patres kommen um den Gletscher zurück zu bannen. Früher konnten einige in Schalbettu noch genau die Stelle zeigen, bis wohin sie ihn heint mägu gibannu. Weiter hinauf brachten sie ihn nicht, weil er voll armer Seelen war, welche dort im Eis büssen mussten. Aber das wäre schon die nächste Geschichte.