Goldig Bethli und s Harzebabi
Vor langer Zit, hed emòòl e Frau gläbt, wo
zwee Töchtere ghaa hed. Di äint isch schöön und guet gsy, di ander aber wüescht
und böös. Di Schöön und Guet, hed Bethli ghäisse und isch dere Frau ires
Styfchind gsy. Di Hässlich und Böös, hed Babi ghäisse und isch dere Frau ires
äigne Chind gsy.
Mit em Bethli isch d Styfmueter immer schlimm
gsy, im Babi aber hed si alles durelòò. S Babi hed immer rächt ghaa. S Bethli
immer unrächt. S Babi isch verwönt worde, hed allewyl de Buch voll ghaa und
immer di schöönschte Chläider. Wäret im Bethli mängisch gnueg eländ gsy isch
vor luuter Hunger und immer hed s müesse di uusrangschierte Hudle vo de
Styfschwöschter aalegge.
Wo s iez wider äinisch so recht Früelig worden
isch, hed d Styfmueter zum Bethli gsäit: „Gang tryb hütt d Chue uf d Matte, und
i dere Zit wo si graaset, spinnsch mir all das Wèèrg do.“
S Bethli hed gmacht wie ire d Mueter befole
hed, aber wo si mit de Chue uf em Wèèg use uf d Matte isch, hed si truurig bi
sich selber tänkt: „Wie söll s mir nur vo de Hand gòò, as i bis am Òòbig sovil
Wèèrg mag spinne?“ S Bethli isch
aneghocket und hed aagfange briegge.
Um d Mittaagszit, wo d Sunne am wärmschte vom
Himmel gschune hed, isch äismòòl, wi us em Bode gwachse, es moosalts Holzwybli
vor im gstande und säit: „Grüess di wool Bethli. Säg, bisch so guet und
strèèlsch mir mi vertschuderet Hòòr? Eläi bring ich de Strèèl nììd dur de
Hòòröiel dure.“ „I würd der bimäich jò gern hälffe“, hed s Bethli gsäit, „aber
ich dörf nììd en Augeblick versuume, soscht mag ich nììd fertig und d
Styfmueter isch gar e gnaui. Lueg nur, all da Wèèrg muess bis hütt Òòbig fertig
gspunne si.“ „Gib das Wèèrg dinere Chue, und dänn chomm“, hed di Alt s Bethli
überschwätzt, „d Chue wird dir da Wèèrg underzwüsche scho spinne.“
S Bethli nimmt also de Choorb mit em Wèèrg und
leert en vor d Chue is Graas. Und die, flink
wie-n e Spinnrad, hed das Wèèrg dur s Muul dur ygsuuget, de Fade dur d
Naaselöcher dur wider usegschnüüzt und hed en sich um d Hörner gwicklet.
Wi s Bethli iez also dem alte Holzwybli s Hòòr
strèèlt, fròògt das Müeterli: „Säg Bethli, wa ha-n ich i mim Hòòr?“ „Gold und
Edelstäi,“ hed s Bethli gsäit. „Dörfsch alles haa“, hed di Alt gsäit, aber wänn
mer de Schäitel ziesch, lueg gschwind hindere. Und s Bethli hed s gmacht - dòò
isch im z mittst uf d Stììrn en goldige Stèèrn gfalle. S Wybli aber, isch esoo
schnell wie s choo isch, wider verschwunde gsy und d Chue hed alles Wèèrg
zumene fyne Fade gspunne ghaa.
Wi s Bethli am Òòbig häichonnt, stòòt scho d
Styfmueter unde de Tüür, i de Hand en Chnebel, will sie drum nie und nimmer
demit grächnet hed, ass s Bethli mit dere Aarbet fertig worde-n isch. Aber zum
Èrger vo de Styfmueter, isch alles Wèèrg gspunne gsy! so schöön wie no nie! No
mee aber hed si sich über de Stèèrn uf de Stirn vom Bethli verstuunt und das
Gold und die Edelstäi, wo s mit häi pròòcht hed. Do hed s Bethli de Styfmueter
aber uf der Stell müesse prichte wie da zuegange-n isch.
Wo d Styfmueter dòò die Gschicht vernimmt,
tänkt si bi sich sälber: „Jo potz Chäib. Ää derewèèg isch da also. Aber säg,
wänn s Glück sogar sòòmene Pflòòtsch guet isch, jò wie guet muess es dänn
erscht mit mim liebe Babi sy!“ und hed am andere Taag s Babi mit de Chue
uusgschickt. Chuum isch s Babi aber mit de Chue uf de Matte aa choo, lèèrt si
da Wèèrg vor d Chue is Graas und fangt scho erscht gar nììd aa mit spinne. D
Chue aber hed alles Wèèrg uf de ganze Wäid verzütteret und vertrischaagget.
Um d Mittaagszit, wo d Sonne wider am
wärmschte gschune hed, isch äismòòl das Holzwybli vorem Babi gstande und
fròògt: „Säg Babi, chasch mer bis so guet mi Hòòr strèèle und mìr de Chopf
recht schöön mit em Strèèl chrüsele?“ Hè nu! So hock ab,“ hed s Babi voorume
schöön tue, hed aber de Strèèl so wüescht dur s Hòòr dure zoge, ass es dem
Holzwybli d Hòòr büschelwys uusgrisse hed. „Sappermänt Babi! Wa ha n i im Hòòr,
as es so ziet?“ hed s Waldwybli aafòò chlööne, aber a Stell vo Gold und
Edelstäi, sind nume Nisse und Lüüs im Strèèl phanget. „Wänn mer de Schäitel
ziesch, lueg gschwind hindersi“, säit do die Alt und s Babi hed s gmacht - aber
statt em Goldstèèrn isch im Babi Chüedräck über de Chopf plätteret.
Z hindervüür und z underobsi isch s Babi tuuch
und wie-n es Hämpfeli Eländ oni Wèèrg häi choo und wänn d Chue de Häiwèèg nììd sälber kännt hèt,
so würd si no hüt uf de Wäid stòò.
D Mueter aber hed grad Wasser und Söipfe gholt,
ass si s Babi wider cha suuber wäsche, aber wi mee si grìbe hed, wie schwäärzer
isch de Fläck worde. De Stèèrn uf de Stììrn vom Bethli aber, hed wie länger wie
heller gstraalet und glüüchtet.
Jürg Steigmeier
Quellen
Luzerner Volkserzählung nach C. Englert-Faye,
Nr. 1 Goldige Bethli und Harzebabi, O.
Sutermeister 1873, übernommen von Alois Lütolf, Schweizer Volksmärchen,
Dietrichs
Nr. 63 Die böse Stiefmutter, abgedruckt bei
Pellandini, Novellen 4 (1900) aus Bedano
Kt. Tessin, Schweizer Volksmärchen, Dietrichs
Goldig Bethli und Harzebabi
Vor langer Zeit, lebte eine Frau, die hatte zwei Töchter.
Die eine war schön und gut, die andere aber hässlich und böse. Die schöne und
gute hiess Bethli und war der Frau ihre Stieftochter, die hässliche und böse
hiess Babi und sie war der Frau eigene Tochter.
Mit dem Bethli war die Stiefmutter immer schlimm, das könnt
ihr euch denken, dem Babi liess sie alles durchgehen. Das Babi hatte immer
recht, das Bethli immer unrecht. Das Babi wurde verwöhnt, hatte immer den Bauch
voll Essen und immer die schönsten Kleider, während dem Bethli elend war vor
lauter Hunger und immer musste sie die alten Kleider von Babi tragen.
Als es jetzt wieder so richtig Frühling wurde, sagte die
Stiefmutter zu Bethli: "Los Bethli, treib heute die Kuh auf die Weide und
in der Zeit, während die Kuh frisst, spinnst du mir den Korb mit Werg."
Das Bethli machte wie sie die Stiefmutter geheissen hatte,
aber als Bethli mit der Kuh auf dem Weg hinaus auf die Wiese ging, dachte sie
bei sich selber: "Wie soll ich das nur anstellen, bis am Abend einen
ganzen Korb voll Werg spinnen?" Das Bethli setzte sich auf einen Stein und
begann zu weinen.
Um die Mittagszeit, als die Sonne am höchsten stand, stand
auf einmal, wie aus dem Boden gewachsen, ein moosaltes Holzweiblein vor dem
Bethli und sagte: "Guten Tag liebes Bethli, sag, willst du mir nicht mein
zerzaustes Haar kämmen? Alleine kann ich den Kamm nicht mehr durch mein Haar
ziehen."
"Wie gerne würde ich dir helfen gute Frau, aber ich
darf nicht einen Augenblick versäumen, sonst werde ich nicht fertig und meine
Stiefmutter ist gar streng." "Ach, gib das Werg doch deiner Kuh, und
dann komm," überredete die Alte das Bethli, "deine Kuh wird dir das
Werg unterzwischen schon spinnen."
Das Bethli nahm also den Korb und leerte in vor der Kuh ins
Gras. Und die, flink wie ein Spinnrad, sog das Werg durch den Mund ein,
schnäuzte den Faden durch ihr Nasenloch wieder hinaus und spann sich den Faden
selber um ihre Hörner.
Wie das Bethli nun das Holzweiblein kämmte, fragte das Mütterchen:
"Sag Mädchen, was hab ich in meinem Haar?" "Gold und
Edelsteine," sagte das Bethli. Das gehört alles dir, aber wenn du mir den
Scheitel ziehst schau nach hinten." Und das Bethli tat wie geheissen – da
fiel ihr mitten auf die Stirn, ein goldener Stern. Das alte Holzweiblein aber
verschwand so schnell wie es gekommen war und die Kuh hatte alles Werg zu einem
feinen Faden versponnen.
Wie das Bethli jetzt am Abend wieder nach Hause kam, stand
schon die Stiefmutter unter der Türe, mit einem Holzknebel in der Hand, weil
sie nämlich nie und nimmer daran gedacht hatte, dass das Bethli mit der Arbeit
fertig würde. Zu ihrem Ärger aber musste sie sehen, alles Werg war versponnen,
so schön wie noch nie! Noch mehr aber staunte sie über den Stern auf der Stirn
vom Bethli und all das Gold und die Edelsteine die das Bethli mit nach Hause
brachte.
Da musste Bethli aber haargenau erzählen woher sie die Dinge
bekommen hatte. Wie die Stiefmutter nun die ganze Geschichte vernahm, dachte
sie bei sich selber: "Ach so ist das, daher läuft der Hase. Aber sag mal,
wenn das Glück einem Mädchen wie dem Bethli so grosse Reichtümer schenkt, wie
viel muss dann erst mein liebes Babi bekommen?" und am nächsten Tag
schickte sie das Babi mit der Kuh hinaus auf die Wiese.
Kaum aber stand die Babi mit der Kuh auf der Weide, nahm sie
den Korb und leerte das Werg vor der Kuh ins Gras und begann schon gar nicht
erst mit Spinnen. Die Kuh aber zerstreute und verzettelte das Werg über die
ganze Wiese.
Um die Mittagszeit, als die Sonne am höchsten stand, stand
einmal wieder das Holzweiblein vor Babi und fragte: "Sag Babi, kannst du
mir mein Haar kämmen und mir den Kopf recht schön mit dem Kamm ein wenig
massieren?" Aber liebend gern, setz dich nur hin," sprach Babi recht
freundlich um dem Mütterchen zu gefallen, zog den Kamm aber so grob durch das
Haar, dass sie dem Holzweiblein die Haare büschelweise aus dem Kopf riss.
"Ei Babi, was ist mit meinem Haar, dass es so zupft," begann das
Weiblein zu jammern. Aber an Stelle von Gold und Edelsteinen klebten nur Läuse
und Nissen im Kamm. "Wenn du mir den Scheitel ziehst, schau nach
hinten," sagte die Alte und das Babi tat wie geheissen. Aber anstelle
eines goldenen Sterns fiel Babi ein Kuhfladen auf den Kopf.
Schreiend und schimpfend lief Babi ohne Faden und ohne Kuh
nach Hause. Ihre Mutter holte schnell Wasser und Seife, aber wie mehr die
Mutter rieb und wusch um so schwärzer wurde der Fleck. Der goldene Stern aber
auf der Stirn vom Bethli strahlte und leuchtete je länger je heller.
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