Donnerstag, 19. März 2020

Goldig Bethli und Harzebabi


 

 

Goldig Bethli und s Harzebabi


Vor langer Zit, hed emòòl e Frau gläbt, wo zwee Töchtere ghaa hed. Di äint isch schöön und guet gsy, di ander aber wüescht und böös. Di Schöön und Guet, hed Bethli ghäisse und isch dere Frau ires Styfchind gsy. Di Hässlich und Böös, hed Babi ghäisse und isch dere Frau ires äigne Chind gsy.
Mit em Bethli isch d Styfmueter immer schlimm gsy, im Babi aber hed si alles durelòò. S Babi hed immer rächt ghaa. S Bethli immer unrächt. S Babi isch verwönt worde, hed allewyl de Buch voll ghaa und immer di schöönschte Chläider. Wäret im Bethli mängisch gnueg eländ gsy isch vor luuter Hunger und immer hed s müesse di uusrangschierte Hudle vo de Styfschwöschter aalegge.
Wo s iez wider äinisch so recht Früelig worden isch, hed d Styfmueter zum Bethli gsäit: „Gang tryb hütt d Chue uf d Matte, und i dere Zit wo si graaset, spinnsch mir all das Wèèrg do.“
S Bethli hed gmacht wie ire d Mueter befole hed, aber wo si mit de Chue uf em Wèèg use uf d Matte isch, hed si truurig bi sich selber tänkt: „Wie söll s mir nur vo de Hand gòò, as i bis am Òòbig sovil Wèèrg mag spinne?“    S Bethli isch aneghocket und hed aagfange briegge.
Um d Mittaagszit, wo d Sunne am wärmschte vom Himmel gschune hed, isch äismòòl, wi us em Bode gwachse, es moosalts Holzwybli vor im gstande und säit: „Grüess di wool Bethli. Säg, bisch so guet und strèèlsch mir mi vertschuderet Hòòr? Eläi bring ich de Strèèl nììd dur de Hòòröiel dure.“ „I würd der bimäich jò gern hälffe“, hed s Bethli gsäit, „aber ich dörf nììd en Augeblick versuume, soscht mag ich nììd fertig und d Styfmueter isch gar e gnaui. Lueg nur, all da Wèèrg muess bis hütt Òòbig fertig gspunne si.“ „Gib das Wèèrg dinere Chue, und dänn chomm“, hed di Alt s Bethli überschwätzt, „d Chue wird dir da Wèèrg underzwüsche scho spinne.“       
S Bethli nimmt also de Choorb mit em Wèèrg und leert en vor d Chue is Graas. Und die, flink    wie-n e Spinnrad, hed das Wèèrg dur s Muul dur ygsuuget, de Fade dur d Naaselöcher dur wider usegschnüüzt und hed en sich um d Hörner gwicklet.
Wi s Bethli iez also dem alte Holzwybli s Hòòr strèèlt, fròògt das Müeterli: „Säg Bethli, wa ha-n ich i mim Hòòr?“ „Gold und Edelstäi,“ hed s Bethli gsäit. „Dörfsch alles haa“, hed di Alt gsäit, aber wänn mer de Schäitel ziesch, lueg gschwind hindere. Und s Bethli hed s gmacht - dòò isch im z mittst uf d Stììrn en goldige Stèèrn gfalle. S Wybli aber, isch esoo schnell wie s choo isch, wider verschwunde gsy und d Chue hed alles Wèèrg zumene fyne Fade gspunne ghaa.
Wi s Bethli am Òòbig häichonnt, stòòt scho d Styfmueter unde de Tüür, i de Hand en Chnebel, will sie drum nie und nimmer demit grächnet hed, ass s Bethli mit dere Aarbet fertig worde-n isch. Aber zum Èrger vo de Styfmueter, isch alles Wèèrg gspunne gsy! so schöön wie no nie! No mee aber hed si sich über de Stèèrn uf de Stirn vom Bethli verstuunt und das Gold und die Edelstäi, wo s mit häi pròòcht hed. Do hed s Bethli de Styfmueter aber uf der Stell müesse prichte wie da zuegange-n isch.
Wo d Styfmueter dòò die Gschicht vernimmt, tänkt si bi sich sälber: „Jo potz Chäib. Ää derewèèg isch da also. Aber säg, wänn s Glück sogar sòòmene Pflòòtsch guet isch, jò wie guet muess es dänn erscht mit mim liebe Babi sy!“ und hed am andere Taag s Babi mit de Chue uusgschickt. Chuum isch s Babi aber mit de Chue uf de Matte aa choo, lèèrt si da Wèèrg vor d Chue is Graas und fangt scho erscht gar nììd aa mit spinne. D Chue aber hed alles Wèèrg uf de ganze Wäid verzütteret und vertrischaagget.
Um d Mittaagszit, wo d Sonne wider am wärmschte gschune hed, isch äismòòl das Holzwybli vorem Babi gstande und fròògt: „Säg Babi, chasch mer bis so guet mi Hòòr strèèle und mìr de Chopf recht schöön mit em Strèèl chrüsele?“ Hè nu! So hock ab,“ hed s Babi voorume schöön tue, hed aber de Strèèl so wüescht dur           s Hòòr dure zoge, ass es dem Holzwybli d Hòòr büschelwys uusgrisse hed. „Sappermänt Babi! Wa ha n i im Hòòr, as es so ziet?“ hed s Waldwybli aafòò chlööne, aber a Stell vo Gold und Edelstäi, sind nume Nisse und Lüüs im Strèèl phanget. „Wänn mer de Schäitel ziesch, lueg gschwind hindersi“, säit do die Alt und s Babi hed s gmacht - aber statt em Goldstèèrn isch im Babi Chüedräck über de Chopf plätteret.
Z hindervüür und z underobsi isch s Babi tuuch und wie-n es Hämpfeli Eländ oni Wèèrg häi choo und wänn        d Chue de Häiwèèg nììd sälber kännt hèt, so würd si no hüt uf de Wäid stòò.
D Mueter aber hed grad Wasser und Söipfe gholt, ass si s Babi wider cha suuber wäsche, aber wi mee si grìbe hed, wie schwäärzer isch de Fläck worde. De Stèèrn uf de Stììrn vom Bethli aber, hed wie länger wie heller gstraalet und glüüchtet.

Jürg Steigmeier
Quellen
Luzerner Volkserzählung nach C. Englert-Faye,
Nr. 1 Goldige Bethli und Harzebabi, O. Sutermeister 1873, übernommen von Alois Lütolf, Schweizer Volksmärchen, Dietrichs
Nr. 63 Die böse Stiefmutter, abgedruckt bei Pellandini, Novellen 4 (1900)  aus Bedano Kt. Tessin, Schweizer Volksmärchen, Dietrichs




Goldig Bethli und Harzebabi

Vor langer Zeit, lebte eine Frau, die hatte zwei Töchter. Die eine war schön und gut, die andere aber hässlich und böse. Die schöne und gute hiess Bethli und war der Frau ihre Stieftochter, die hässliche und böse hiess Babi und sie war der Frau eigene Tochter.
Mit dem Bethli war die Stiefmutter immer schlimm, das könnt ihr euch denken, dem Babi liess sie alles durchgehen. Das Babi hatte immer recht, das Bethli immer unrecht. Das Babi wurde verwöhnt, hatte immer den Bauch voll Essen und immer die schönsten Kleider, während dem Bethli elend war vor lauter Hunger und immer musste sie die alten Kleider von Babi tragen.
Als es jetzt wieder so richtig Frühling wurde, sagte die Stiefmutter zu Bethli: "Los Bethli, treib heute die Kuh auf die Weide und in der Zeit, während die Kuh frisst, spinnst du mir den Korb mit Werg."
Das Bethli machte wie sie die Stiefmutter geheissen hatte, aber als Bethli mit der Kuh auf dem Weg hinaus auf die Wiese ging, dachte sie bei sich selber: "Wie soll ich das nur anstellen, bis am Abend einen ganzen Korb voll Werg spinnen?" Das Bethli setzte sich auf einen Stein und begann zu weinen.
Um die Mittagszeit, als die Sonne am höchsten stand, stand auf einmal, wie aus dem Boden gewachsen, ein moosaltes Holzweiblein vor dem Bethli und sagte: "Guten Tag liebes Bethli, sag, willst du mir nicht mein zerzaustes Haar kämmen? Alleine kann ich den Kamm nicht mehr durch mein Haar ziehen."
"Wie gerne würde ich dir helfen gute Frau, aber ich darf nicht einen Augenblick versäumen, sonst werde ich nicht fertig und meine Stiefmutter ist gar streng." "Ach, gib das Werg doch deiner Kuh, und dann komm," überredete die Alte das Bethli, "deine Kuh wird dir das Werg unterzwischen schon spinnen."
Das Bethli nahm also den Korb und leerte in vor der Kuh ins Gras. Und die, flink wie ein Spinnrad, sog das Werg durch den Mund ein, schnäuzte den Faden durch ihr Nasenloch wieder hinaus und spann sich den Faden selber um ihre Hörner.
Wie das Bethli nun das Holzweiblein kämmte, fragte das Mütterchen: "Sag Mädchen, was hab ich in meinem Haar?" "Gold und Edelsteine," sagte das Bethli. Das gehört alles dir, aber wenn du mir den Scheitel ziehst schau nach hinten." Und das Bethli tat wie geheissen – da fiel ihr mitten auf die Stirn, ein goldener Stern. Das alte Holzweiblein aber verschwand so schnell wie es gekommen war und die Kuh hatte alles Werg zu einem feinen Faden versponnen.
Wie das Bethli jetzt am Abend wieder nach Hause kam, stand schon die Stiefmutter unter der Türe, mit einem Holzknebel in der Hand, weil sie nämlich nie und nimmer daran gedacht hatte, dass das Bethli mit der Arbeit fertig würde. Zu ihrem Ärger aber musste sie sehen, alles Werg war versponnen, so schön wie noch nie! Noch mehr aber staunte sie über den Stern auf der Stirn vom Bethli und all das Gold und die Edelsteine die das Bethli mit nach Hause brachte.
Da musste Bethli aber haargenau erzählen woher sie die Dinge bekommen hatte. Wie die Stiefmutter nun die ganze Geschichte vernahm, dachte sie bei sich selber: "Ach so ist das, daher läuft der Hase. Aber sag mal, wenn das Glück einem Mädchen wie dem Bethli so grosse Reichtümer schenkt, wie viel muss dann erst mein liebes Babi bekommen?" und am nächsten Tag schickte sie das Babi mit der Kuh hinaus auf die Wiese.
Kaum aber stand die Babi mit der Kuh auf der Weide, nahm sie den Korb und leerte das Werg vor der Kuh ins Gras und begann schon gar nicht erst mit Spinnen. Die Kuh aber zerstreute und verzettelte das Werg über die ganze Wiese.
Um die Mittagszeit, als die Sonne am höchsten stand, stand einmal wieder das Holzweiblein vor Babi und fragte: "Sag Babi, kannst du mir mein Haar kämmen und mir den Kopf recht schön mit dem Kamm ein wenig massieren?" Aber liebend gern, setz dich nur hin," sprach Babi recht freundlich um dem Mütterchen zu gefallen, zog den Kamm aber so grob durch das Haar, dass sie dem Holzweiblein die Haare büschelweise aus dem Kopf riss. "Ei Babi, was ist mit meinem Haar, dass es so zupft," begann das Weiblein zu jammern. Aber an Stelle von Gold und Edelsteinen klebten nur Läuse und Nissen im Kamm. "Wenn du mir den Scheitel ziehst, schau nach hinten," sagte die Alte und das Babi tat wie geheissen. Aber anstelle eines goldenen Sterns fiel Babi ein Kuhfladen auf den Kopf.
Schreiend und schimpfend lief Babi ohne Faden und ohne Kuh nach Hause. Ihre Mutter holte schnell Wasser und Seife, aber wie mehr die Mutter rieb und wusch um so schwärzer wurde der Fleck. Der goldene Stern aber auf der Stirn vom Bethli strahlte und leuchtete je länger je heller.






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