Mittwoch, 18. März 2020

Der Apfel der Gesundheit

Märchen Nr. 2 Dialekt/Hochdeutsch

 
Der Apfel der Gesundheit

Vor langer, seer langer Zit, hed emòòl es alts Eepaar gläbt, wo drüü Söön ghaa hed. Muusaarm
sind gsy, si händ chuum gnueg Geld ghaa zum all Taag chly Milch und es Pfundbröödli go poschte. Das bitzli Gäld aber, wo s ghaa händ, händ si sich mit de Öpfel vom wundersältnige Baum vo de Gsundhäit verdient, wo i irem Gaarte gwachse n isch.
Äinisch isch e groossi Hungernoot über s Land choo, und do isch au d Tochter vom Chönig chrank worde, und wie s halt dänn so isch, do sind en huufe Töktere und Häilkünschtler zu ire uf s Schloss choo, aber nììd äin vo ine hed uuspròòcht, was de Prinzässin fèèlt, bis e alti Frau gsäit hed: „D Prinzässin wird wider gsund, wänn sie en Öpfel vom wundersältnige Baum vo de Gsundhäit ìsst; aber ass sie au sìcher wider gsund wird, muess si de Pùùrscht oder Maa au hüròòte, wo ire de Öpfel bringt.“
Wo de König das ghöört hed, hed er im Augeblick sini Diener und Herolde dur s ganze Land gschìckt, und hed si s Volch lo wüsse lòò, ass er dem sini Tochter, d Prinzessin, zur Frau gìt, wo ire de wundersältnige Öpfel vo de Gsundhäit bringt und si vo dere gspässige Chranket häile cha.
Di Nòòchrìcht isch do au bis zum Huus vo dem alte Eepaar mit de drüü Söön choo und die händ nüüt lieber gmacht, wie de Prinzässin vo de Öpfel vom wundersältnige Baum vo de Gsundhäit zum bringe. Will iez aber nu äin hed dörfe die Öpfel bringe, händs abgmacht, de Ältischt vo dene drüüne söll en Chratte voll vo dene wundersältnige Öpfel günne und si im Chönig bringe. Wi das jetzt so uusgmacht gsy isch, hed sich der ältischt vo dene Brüedere moorndrigs druuf i äinere Früeni, mit dere wundersältnige Tokterruschtig uf de Wèèg is Schloss gmacht.
Er isch en ganze Taag lang gwanderet und en zwöite und au no en dritte Taag, do gseet er imene Wald es uuralts, chatzwyysses Müeterli am Pöörtli sitze, das isch scho so alt gsy, ass es afe de Zitteri ghaa hed vor Älti und es hed en gfròògt: „Liebe Bueb, liebe Bueb, gisch mir nììd ums Gotts wille es bitzli vo dim Zòòbig, ich stììrbe schier vor luuter Hunger?“ „I ha käis, gueti Frau,“ hed de Pùùrscht gsäit. „Und dänn, wohìì goosch du Maa?“ „Wa gòòt da dich aa?“ „Und dänn, wa träisch do im Chratte?“ „Da dinn, trääg i Stäi.“ „Hè nu“, hed s Müeterli do gsäit, „dänn müend s au Stäi wèèrde.“
De Pùùrscht isch sin Wèèg witer gange, und wo n er zum Schloss vom Chönig chonnt und de Wach säit, was er do bringt, händs in im Augeblick ine glòò. Wo aber de Stolzgüggel, die wundersältnige Öpfel vo de Gsundhäit hed welle zäige, wo n er im Chratte ghaa hed, isch er verschrocke, will er gsee hed, ass si alls zäme zu Stäi woorde sind. D Diener vom Chönig händ gmäint, er well sie verspotte und si händ in mit eme hagibuechige Lümpli abgribe, genau, übers Chnüü gnòò händs in und em de Aarsch verhaue, ass er s Füür z Basel unde gsee hed.
Wo iez de mittler Bueb gsee hed, wie s im Ältschte gange-n isch, gòòt er in Garte use, zum au en Chratte voll vo dene wundersältnige Gsundhäitsöpfel z günne; er hed aber sis Spììli dèèwèèg wèle trybe, ass er all Öpfel abgnòò hed, ass wänns im nööd glingt, s au im Jüngste nümme glinge cha.
De mittler Brüeder isch also de glych Wèèg gange wie de Ältischt und wo n er in Wald chonnt, isch au er a das alte, chatzwyysse Müeterli choo, jòò, genau daa, wo so alt gsy isch, ass es de Zitteri ghaa hed und au in hed das Wybli gfròògt: „Liebe Bueb, liebe Bueb, gisch mir nììd ums Gotts wille es bitzli vo dim Zòòbig, ich stììrbe schier vor luuter Hunger?“ „I ha käis, gueti Frau.“ „Und dänn, wohìì goosch du Maa?“ „Wa gòòt da dììch aa?“ „Und dänn, wa träisch do im Chratte?“ „Da dinn, trääg i Fröschebäi.“ „Hè nu, dänn müend s au Fröschebäi wèèrde“, hed s Müeterli gsäit.
De Pùùrscht isch sin Wèèg witer gange, und wo n er zum Schloss vom Chönig chonnt und de Wach säit, was er do bringt, händs in im Augeblick ine glòò. Wo aber de Schnuderbueb, die wundersältnige Öpfel vo de Gsundhäit hed welle zäige, wo n er im Chratte ghaa hed, isch er verschrocke, will er gsee hed, as de ganz Chratte voll Fröschebäi gsy isch und all mitenand händs no zablet. Au dèè, isch mit Schimpf und Schand us em Schloss ewègg gjagt worde.
Wo iez de Jüngst a de Räihe gsy isch, und er in Garte use gòòt, zum en Chratte voll vo dene wundersältnige Gsundhäitsöpfel z günne; was muess er do gsee, am Baum heds nu no Blätter draa ghaa. Well aber de Jüngscht nììd hed wèle glaube, was er gseet, hed er in aller Seelerue ein Ascht nach em andre akuraat genau undersuecht und hed endlich halb verschloffe, en seer en chlyne, aber seer en schööne Öpfel gfunde. Er hed in süüferli abgnòò und hed sich uf de Wèèg is Schloss vom Chönig gmacht.
Wo n er unterwègs dur de Wald chonnt, hed au er das alte Müeterli aatroffe und chuum gseet s in, rüefft `s scho vo Witem: „Liebe Bueb, liebe Bueb, gisch mir nììd ums Gotts wille es bitzli vo dim Zòòbig, ich stììrbe schier vor luuter Hunger?“ „Leider näi, liebi Frau, wìll i käi Zòòbig ha, aber hèt i äis, so würd i vo Hèèrze mit öi täile.“ „Rächt so, i gsee du bisch en rächte Kärli, und dänn, säg wohìì goosch du Maa?“ „Ich bi unterwègs zum Schloss, d Prinzässin isch chrank, und es häisst, as si nur zwèèg chonnt, wänn si en wundersältnige Öpfel vom Baum vo de Gsundhäit ìsst. Iez brìng i de letschti, wo am Baum bhanget isch, ass si cha gsund wèèrde.“ „Dänn Maa, söll s au esoo sy, dänn söll s au esoo sy.“
Und mit em Sääge vo dem Müeterli isch de Bueb sin Wèèg witer zoge und isch gly über daas abe zum Palast vom Chönig choo. Die händ e Fröid ghaa mitenand, wo si de Öpfel vom wundersältnige Baum vo de Gsundhäit im Chratte gsee händ und si händ in graad de Prinzessin zum ässe pròòcht, und no wäret si am chöie und abeschlucke-n isch, hed si wider rooti Bagge ghaa und isch gsund gsy.
Do hed de Chönig „Eer und Redlichkäite“ sie s Verspräche ghebet und er hed dem jüngscht
Bueb, vo säbem alte Eepaar, d Prinzässin zum hüròòte gèè.
alle Rechte bei Jürg Steigmeier
 
Quellen
Nach Motiven von „Vogel Greif“, Otto Sutermeister, Aargauer Märchen Kinder und Hausmärchen aus der Schweiz, Erstausgabe 1869, Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, 1857 Ausgabe letzter Hand. Vilma Mönckeberg, „Das goldene Schloss“, Ellermann 1981
 

Der Apfel der Gesundheit

Wie man erzählt, lebte vor vielen, sehr vielen Jahren ein altes Ehepaar, das hatte drei Söhne. Alle lebten sie im grössten Elend; kaum hatten sie bescheidene Mittel, um sich durchzuschlagen, und sie zogen nur etwas Gewinn aus dem wunderbaren Apfelbaum der Gesundheit, der in ihrem Garten wuchs.
Einmal, als der Hunger an alle Türen klopfte, erkrankte die Tochter des Königs, viele Ärzte und Heilkünstler kamen zu ihr, ohne dass jemand ihre Krankheit erkennen konnte, bis eine alte Frau den Ausspruch tat, die Prinzessin werde gesund werden, wenn sie den Apfel der Gesundheit esse, der an einem wunderbaren Baum wuchs; aber damit dies geschehe, müsse sie den Mann oder Jüngling heiraten, der ihr den Apfel bringe. Als der König dies hörte, schickte er seine Herolde durch sein ganzes Reich und liess sein Volk wissen, dass er bereit sei, die Hand seiner Tochter, der Prinzessin, demjenigen zu geben, der ihr den Apfel der Gesundheit bringe, um sie von jener sonderbaren Krankheit, die sie verzehre, zu befreien.
Als jenes alte Ehepaar, das drei Söhne hatte, von der Botschaft des Königs hörte, da wünschten diese, ihr die Äpfel der Gesundheit zu bringen, die am wunderbaren Baum in ihrem Garten wuchsen. Weil aber nur einer dieses Recht ausüben konnte, so wurde beschlossen, dass der älteste von allen dreien ein Körbchen der kostbaren Äpfel pflückte und sich zum König begebe, um sie anzubieten. Als dies nun einmal beschlossen war, da machte sich früh am Morgen der älteste von den Jünglingen auf den Weg, indem er die kostbaren Äpfel der Gesundheit trug.
Er wanderte einen ganzen Tag und einen zweiten und auch noch einen dritten Tag, da sah er beim Durchgehen eines Gehölzes am Rande des Weges ein ganz verhutzeltes altes Mütterlein stehen, das infolge seiner vielen Jahre am ganzen Leib zitterte; und sie fragte ihn: Lieber Jüngling, lieber Jüngling, gibst du mir um Gottes willen ein wenig von deinem Abendbrot, denn ich sterbe fast vor Hunger?“ „Ich hab keins, liebe Frau.“ „Und dann, wohin gehst du Mann?“ Was geht das Euch an?“ „Und dann, was trägst du in deinem Korbe?“ „Da trage ich Steine.“ „Dann sollen es auch Steine werden.“
Der Jüngling setzte seinen Weg fort, und als er zum Palast des Königs gelangte, sagte er, was er da bringe, und wurde sofort eingelassen. Als er triumphierend die Äpfel der Gesundheit vorzeigen wollte, die er trug, da sah er mit Entsetzen, dass sie sich in Steine verwandelt hatten. Die Diener des Königs dachten, dass der Jüngling sich über sie lustig machen wolle. Sie prügelten ihn durch, soviel sie Lust hatten, so dass er kaum Kraft genug hatte, um sich fortzuschleppen.
Als der mittlere Bruder erfuhr, was dem ältesten zugestossen war, ging er in den Garten, um ebenfalls einen Korb voll Äpfel der Gesundheit zu pflücken; dabei glaubte er sie alle abgesammelt zu haben, damit, wenn er nicht der Glückliche sei, auch der jüngste Bruder es nicht werden könne.
Der mittlere Bruder machte seinen Weg wie der älteste, und als er zum Gehölz kam, traf er ebenfalls das verhutzelte alte Mütterchen, das infolge seiner vielen Jahre am ganzen Leib zitterte, und es sprach auch zu ihm: „Lieber Jüngling, lieber Jüngling, gibst du mir um Gottes willen ein wenig von deinem Abendbrot, denn ich sterbe fast vor Hunger?“ „Ich habe keins, liebe Frau.“ „Und dann, wohin gehst du, Mann?“ „Was geht es Euch an?“ „Dann, was trägst du im Korbe?“ „Da trage ich Frösche.“ „Dann sollen es auch Frösche werden.“
Der Jüngling setzte seinen Weg fort, und als er zum Palast des Königs gelangte, sagte er, was er da bringe, und wurde sofort eingelassen, aber als er triumphierend die Äpfel der Gesundheit vorzeigen wollte, die er trug, da sah er zu seinem Entsetzen, dass sie sich in lauter Frösche verwandelt hatten, welche aus dem Korb heraussprangen. Ebenso wie es beim ältesten Bruder geschehen war, glaubten die Diener des Königs verhöhnt zu werden und verprügelten den Jüngling.
Da nun der jüngste Bruder an der Reihe war, ging er in den Garten, um nach den Äpfeln der Gesundheit zu suchen, sah aber zu seinem Verdruss, dass der Baum nur noch Blätter trug. Da er das nicht glauben wollte, was er sah, untersuchte er ruhig einen Zweig nach dem andern und fand endlich in einem Winkel halbversteckt einen sehr kleinen, aber sehr schön aussehenden Apfel. Er pflückte ihn sehr vorsichtig ab und machte sich auf den Weg, um ihn zum König zu bringen.
Als er auf seinem Wege das Gehölz durchschritt, traf auch er das verhutzelte und zitternde Mütterchen, und sobald sie ihn sah, sprach sie zu ihm ebenfalls: „Liebe Jüngling, liebe Jüngling, gibst du mir um Gottes willen ein wenig von deinem Abendbrot, denn ich sterbe fast vor Hunger?“ „Das kann ich leider nicht, liebe Frau, denn ich habe kein Abendbrot, wenn ich aber eins hätte, so würde ich Euch alles geben.“ Gut, Mann, gut, ich sehe,
dass du wohlerzogen bist. Und sage mir, wohin gehst du, Mann?“ „Ich gehe zu dem König, dessen Prinzessin erkrankt ist, und man sagt, dass sie nur mit den Äpfeln der Gesundheit davon kuriert werden kann. Nun bringe ich ihr den letzten, der am Baum gewesen ist um sie zu heilen.“ Dann möge es auch so geschehen, Mann, dann möge es auch so geschehen.“ Und der Jüngling setzte mit dem Segen der Alten seinen Weg fort.
Alsbald kam er zum Palast des Königs, wo man sich sehr freute, als man den Apfel sah. Man gab ihn der Prinzessin zum essen, und während sie die wunderbare Frucht hinunterschluckte, kehrte zu ihr die Gesundheit und die leuchtende Farbe ihrer roten Lippen und ihrer kindlichen Wangen zurück.
Der König hielt ehrlich sein Versprechen und verheiratete den jüngsten Sohn des alten Ehepaars mit Der Prinzessin, und man sagt, dass sie immer sehr glücklich gewesen sind.

 
Deutsche Version nach Vilma Mönckeberg, aus „Das goldene Schloss“, Ellermann 1981
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen