Samstag, 11. April 2020

Die drei Eier


Die drei Eier

Do sind mòòl zwöi Schwöschtere gsy und beidi händ es Töchterli ghaa. No isch gly äini vo ihne gstoorbe und die ander hed s Töchterli vo de Verstorbne als Pflèègchind i ihres Huus uuf gnòò.

Sie sind aber aarm gsy und s Ässe hed chuum zwöi Müüler möge stopfe und sowiso: Wer nütz zum Esse-n-isch, isch au nütz zum Wèèrche und s Mäitli hed sich s Ässe suur müesse verdiene.

No hed d Pflèègmueter dem Mäitli äinisch en Chrueg gèè und hed s gschickt go Wasser hole. Eläi, dem Mäitli isch de Chrueg verbroche und über das isch d Pflèègmueter böös worde: „Mach ass fort chonnsch und lo di eerscht wider blicke wänd en nöiie Chrueg here bringsch!“ S Mäitli hed brüelet und bättlet, eläi es hed müesse fort.

No isch es e paar Stund gange und chonnt a-n en groosse Baum under dem hockt e Frau, oni Chopf. Chasch der tänke, wie das Mäitli gstuunet hed. No mee aber heds gstuunet, wo die Frau fròòget ob ihm öppis gspässig vor chonnt. „Näi,“ hed s Mäitli gsäit und isch witer gange.

Bald chonnt s wider zumene groosse Baum und wider sitzt unde draa e Frau. Au die hed käin Chopf ghaa und au sie hed s Mäitli gfròòget ob s öppis Psondrigs a ihre gseet. „Näi,“ heds gschnell gsäit und isch rasch witer gange.

No isch es zumene dritte Baum choo und unde draa e Frau aber die hed en Chopf ghaa. No hed s Mäitli die Frau gfròòget ob sie Broot hed, will es hed vom vile Lauffe Hunger ghaa. D Frau aber hed gsäit: „Gang zu de Hütte am Änd vom Acher und iss vo de Hirse wo uf em Tisch stòòt; Wänn aber e schwaarzi Chatz chonnt, so gib ihre au z ässe."

S Mäitli gòòt also i die Hütte, findet deet uf em Tisch Hirse, cha sich de Buuch voll mache und git au de Chatz devoo. No isch grad die alt Frau zue-n ihm i d Hütte choo, bringt s in e Chammere wo drinn en huuffe Eier uf em Tisch sind und säit es söll drüü Äier mitnèè aber nur vo dene wo nììd redet. No sells unter jedem Baum, wo vorhèèr e Frau ghocket isch, äis Äi uufbräche. No hed s Mäitli die drüü chlynschte Äier gnòò, well s die äinzige gsy sind wo nììd gredet händ und isch fort gange.

Bim eerschte Baum aachoo, schlòòt s es Äi uuf und drinn isch en Wasserchrueg, grad äine wie dèè wo s verschlage hed. Us em zwöite-n Äi chonnt Ross und Wage use und im dritte-n isch es Chästli mit Gold gsy.

No isch s Mäitli i dere Kutsche zu de Pflèègmueter gfaare und hed ihre de Chrueg pròòcht, hed sich es Huus kauft und läbt drin z fride und eläi mit sich sälber.

No chasch der tänke, d Pflèègmueter heds fascht verjagt vor Nyd wo sie das gsee hed und sie hed ihres Töchterli au zu dere Frau gschickt. No wo s vo de eerschte Frau gfròòget worde-n isch ob s öppis psundrigs a ihre gseet, säits: „Jo, e Frau ohni Chopf.“ Bim nööchschte Baum säits s glyche und wo s vo de dritte Frau zu de Hütte gschickt worde-n isch, isch es gange, hed alli Hirse sälber ggässe und hed de Chatz nüüt gèè.

No hed die Alt gsäit sie söll drüü Äier nèè, vo dene wo nüüt redet. Do hed das Mäitli die drüü grööschte gnòò und isch fort gange. Aber sie isch gwundrig gsy und hed welle wüsse was i dene Äier drinn isch. Sie schlòòt s eerschte Äi uuf und – leer - i de Wuet rüert sie s zwöite Äi uf de Bode, es verbricht und was tänksch, chond e groossi Schlange drus use z chrüüche. S Mäitli isch verschrocke und hed welle fortspringe, stolpered und ghäit um und jetzt isch au s dritte Äi kaputt gsy.

Us em Äi aber chonnt die alt Frau ohni Chopf. Sie schwingt sich uf d Schlange ue, wo gwaltigi Flügel ghaa hed und flüügt mit ihre devoo.

S Mäitli aber hed nüüt ghaa wie die verbrochne Äierschaale und das isch Stròòf gnueg gsy.

 
Jürg Steigmeier 
Quelle

Märchen aus Tirol

Quelle: Theodor Vernaleken, Kinder- und Hausmärchen in den Alpenländern, Wien 1863.

 


Die drei Eier

Es lebten einmal zwei Schwestern, von denen jede ein kleines Mädchen hatte. Bald starb die eine von ihnen, und die andere musste das Kind der verstorbenen Schwester zu sich nehmen. Sie war aber selbst arm und hatte kaum Brot und Kleider für sich und ihre Tochter. Deshalb musste das Mädchen den Unterhalt sauer verdienen und fast alle Arbeiten im Haus verrichten. Eines Tages gab ihr die Pflegemutter einen Krug, um aus einer benachbarten Quelle Wasser zu holen. Allein das Mädchen zerbrach den Krug; darüber wurde die Pflegemutter sehr zornig und sagte: »Du darfst nicht wieder zu mir kommen, bis du einen ähnlichen Krug bringst.«
Das Mädchen bat und weinte, allein sie musste fort. Als sie einige Stunden gegangen war, kam sie zu einem Baum, unter welchem eine Frau mit abgehauenem Kopf saß. Das Mädchen staunte, und noch größer war sein Erstaunen, als das Weib fragte: ob sie an ihr etwas Besonderes bemerkte?
Das Mädchen sagte: »Nein«, und ging weiter.
Bald kam es wieder zu einem großen Baum, unter dem abermals eine Frau saß, die auch keinen Kopf hatte. Diese stellte an das Mädchen die nämliche Frage.
Das Mädchen sagte: »Nein«, und ging schnell weiter, denn es war schon hungrig und durstig.
Da kam sie wieder zu einem Baum unter dem ein Weib saß, welches aber einen Kopf hatte. Das Mädchen bat die Alte um Brot; diese aber sagte: »Geh in die Hütte, die am Ende des Feldes steht, und iss dort den Reis, welchen du in einem Topf finden wirst; wenn aber eine schwarze Katze zu dir kommt, so gib ihr auch von dem Reis.
Das Mädchen ging in die Hütte, fand den Reis und aß, und die Katze bekam auch etwas. Darauf trat das Weib in die Hütte, führte es in eine Kammer, in der Eier auf einem Tisch lagen, und gab ihm die Erlaubnis, drei Eier zu nehmen, aber nur solche, die nicht reden. Dann trug sie dem Mädchen auf, es solle unter jedem Baum, wo früher ein Weib gesessen war, ein Ei zerschlagen. Das Mädchen nahm die drei kleinsten Eier, weil sie die einzigen waren, die nicht sprachen, und ging fort.
Bei dem ersten Baum zerschlug es ein Ei, und es stand ein Wasserkrug vor ihm, der so aussah wie der zerbrochene. Aus dem zweiten Ei wurde ein Wagen mit Pferden, aus dem dritten ein Kästchen mit Gold. Das Mädchen fuhr nun zu seiner Pflegemutter und brachte ihr den Krug, kaufte sich ein Landhaus und lebte in Frieden für sich allein.
Die Pflegemutter wurmte das, und sie schickte nun auch ihre Tochter zu dem Weib. Als das erste Weib das Mädchen fragte, ob es etwas Ungewöhnliches sehe, antwortete es: »Ja, ein Weib ohne Kopf.« Beim nächsten Baum antwortete es dasselbe. Von dem letzten Weib erhielt auch dieses Mädchen die Erlaubnis, Reis zu essen, aber es solle auch der schwarzen Katze etwas geben. Allein das Mädchen gab der Katze nichts und aß allein. Dann bekam es die Erlaubnis, die drei Eier zu nehmen, welche nicht reden. Und es nahm die größten und ging fort.
Dann wollte es wissen, was in den Eiern enthalten wäre. Es schlug daher ein Ei auf und fand es leer. Deshalb warf das Mädchen das zweite zu Boden, dass es zerbrach; aber siehe da, es kam eine große Schlange hervor. Erschreckt wollte das Mädchen die Flucht ergreifen, da fiel es zu Boden, und das dritte Ei zerbrach. Und es kam aus demselben das Weib ohne Kopf, setzte sich auf die Schlange, die mit Flügeln versehen war, und flog davon. Das Mädchen hatte nun nichts als die zerbrochenen Eier. Das war die Strafe für seinen Ungehorsam und Vorwitz.

Quelle: Theodor Vernaleken, Kinder- und Hausmärchen in den Alpenländern, Wien 1863.


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