Der Wanderbursche auf der Tanne
Zwöi Wanderpùùrschte
sind äinisch en ganze Taag lang mitenand über Land zoge und sind doch a käim
Doorf verby choo; und wo s do aafangt ynachte, händs im Wald usse müesse schlòòffe.
Der Äinti, mer säget im do Hans, chräsmet uf e Tanne ue und säilet sich am Baum
aa, as er im Schlòòf nììd abe gheit; de Ander hed sich hinder de Tanne i d
Stuude gschlaage.
Phünktli znacht am
zwölfi chonnt dur d Luft e Schääelir Häxe zu dem Tannebaum anegfaare und haltet
Häxetanz . Und wo s gnueg tanzet ghaa
händ, sind s under de Baum aneghocket und händ zäme ggässe und trunke und
gschnäderet und pralöögget, wi si d Chönigstochter chrank verhäxt händ, und
äini hed gsäit: „Esoo lang niemert de Schimel metzget, wo käi grau Hòòr am
Fääli hed, und nììd d Chönigstochter i di früschi Rosshut ytrüllet, esoo lang
cha si kän Mäntsch me gsund mache.“ Und wo si gnueg ggässe und gschnäderet
händ, sind s alls zäme wider mit em Wind devoo gfaare.
De Pùùrscht, wo
dernäbe i de Stuude glääge n isch, hed so tüüf gschlòòffe, as er vo dem Krach
nììd vertwachet; aber
de Hans, wo uf de Tanne obe ghockt isch, de isch hèèluuf und wach gsy und hed
sich das Gschwätz vo dem Häxevolch Woort für Woort gmèrkt. Wo s aagfange hed
mit Taage, isch er ab em Baum gchläderet, hed sin Räisekameraad gweckt und im
do prichtet wa n er i de Nacht vernòò hed. Sin Kameraad aber hed im nììd
glaubt, hed in uusglacht und isch, wo de Wald äntlich uufhöört, eläige witers
zoge.
De Hans aber isch uf
direkte Wèèg uf s Schloss gange und hed im König die Tokterruschtig verròòtet
für sini chrank Tochter. De König hed im Augeblick de Chnächt uf d Wise
gschìckt, hed de Schimel wo käi grau Hòòr im Fääli hed lo fange und metzge lòò,
trüllt d Prinzässin i di früschi Rosshut ine; und vo Stund aa isch d Prinzässin
wider zwèèg gsy.
Do isch es Fäscht gsy
im Königrych; im ganze Land händs d Lüt umenangschwätzt, vom Wanderpùùrscht und
wie s zuegange n isch; zum Dank hed de Hans für immer uf em Schloss dörfe
blybe, und si händ im chüüderlet als wèèr er äin us de Königsfamilie.
Wo sin Räisekameraad
uf allne Stròòsse d Lüt vo dere Gschìcht ghöört hed rede, hèts in iez natürlich
gèrgeret, as er nììd mit uf s Schloss gange n isch. Aber er hed sich nììd lang gcholderet.
Nüüt hed in äifacher tunkt, wi im König graad sälber esoo e gueti Nachricht z bringe.
Er also zrugg in Wald gange und nach dem Tannebaum gsuecht, wo doozmòòl sin Kameraad
drufobe ghockt isch; er chläderet ue und wartet uf d Nacht und de Häxeumzùùg.
Und wider hed de Tanz
phünktli win e Uur znacht am zwölfi
under dem Tannebaum aagfange, und d Häxe händ gschwätzt und gmööget, as di
chrank Königstochter wider gsund isch, sid ine äin mit groosse Oore vo de Tanne
obenabe zueglost hed; Und Äini hed ufs Mòòl grüefft: „Dòò hockt jò de Ander uf
de Tanne!“ Do sind d Hexe uegchläderet und händ in i tuusig Fätze
verrisse.
Und am nööchste
Morge?
Dò isch nomòòl äini
uf s Schloss choo. Wèèr as das gsy isch wäiss hüt allwèèg niemert me, si hed
nach em Hans verlangt; si müess im öppis us de Häimet prichte. Si hed im dò alles gsäit, was im
Wald bi de Tanne gschee isch. De König aber hed di säbe Häxe lo fange lòò und
hed si in Turm gspeert, und wänn si niemert frei glòò hed, sind s drininne
worschyndli versuuret.
De Hans aber hed er d
Prinzässin zur Frau bechoo und no händ s Hoochsig ghaa und händ ggässe und
trunke und i dem Augemänt wo n ich öi die Geschichte verzell, sind s
worschyndli immer no draa.
Jürg Steigmeier
Quellen
Kinder- und Hausmärchen aus der
Schweiz, O. Sutermeister 1869, Aargau nach handschriftlicher Mitteilung von E.
L. Rochholz
Siehe auch Vo re
Chünigstochter, Sagen aus Rohrbach, M. Sooder, S.23
Der Wanderbursche
Zwei Wanderbursche waren schon einen ganzen Tag miteinander
gelaufen und hatten noch kein Dorf erreicht; da blieb ihnen keine andere Wahl,
als im Walde zu übernachten. Der Eine erkletterte eine Tanne und band sich mit
seinem Strumpfbändel zum Schlafe fest; Der Andere legte sich dahinter in`s
Gestäude.
Um Mitternacht kam aber eine Schaar
Hexen zum Baum gefahren und hielten ihren Tanz. Und als sie hernach noch einen
Schmaus abhielten, erzählten und schwatzten sie, wie sie die Königstochter gezaubert
hätten, und Eine sagte: „So lange man nicht den Schimmel schlachtet, an dem
kein graues ist, und nicht die Königstochter in die frische Rosshaut
einschlägt, kann sie kein Mensch mehr gesund
machen.“ Hierauf, als sie sich
satt gegessen und geplaudert hatten, fuhren alle wieder davon.
Der Bursche, der nebenan in den Stauden lag, schlief so fest, dass
er von alle dem nicht erweckt wurde; dagegen Der auf der Tanne droben war wach
und hatte sich die Worte der Hexen genau gemerkt. Als es anfing zu tagen, Stieg
er vom Baum herunter, weckte seinen Kameraden und forderte ihn auf, mit ihm
sogleich dem Königsschlosse zuzugehen, um diese Neuigkeit dort zu melden.
Dieser aber glaubte von Allem nichts, lachte ihn aus und zog, als der Wald zu
Ende war, allein seiner Wege. Der Andere dagegen ging in`s Schloss und verriet
da dem König das Heilmittel für seine kranke Tochter. Man sendete hinaus auf
die Weide, liess den Schimmel einfangen und schlachten und wickelte die
Prinzessin in seine frische Haut hinein; und auf die Stunde war die Prinzessin
wieder genesen.
Nun war alles voll Jubel; das ganze Land erzählte von der
fröhlichen Begebenheit; der Handwerksbursche durfte für immer in dem Schlosse
bleiben und wurde gehalten wie das Kind im Haus.
Als sein Reisegefährte auf allen Strasse von dieser Geschichte
reden hörte, ärgerte es ihn, dass er nicht mit auf das Königsschloss gegangen
war. Aber nichts schien im leichter, als sogleich eine ebenso gute Nachricht zu
erfahren und sie dem König zu überbringen. Er kehrte also um und suchte im Wald
die Tanne, auf der sein Kamerad einst gesessen hatte; da kletterte er hinauf und
erwartete die Nacht und den Hexenzug.
Abermals begann der Tanz und der Schmaus unter dem Baum, und die
Hexen schwatzten und erzählten sich, dass die kranke Königstochter geheilt sei,
seitdem einst ein Horcher ihre Gespräche unter diesem Baum belauscht habe; und
Eine rief: “Dort sitzt ja der Andere auf der Tanne!” Da
kletterten die Hexen hinauf und zerrissen ihn in tausend Fetzen.
Und am andern Morgen kam noch eine andere in`s Schloss und
verlangte mit dem junen Menschen zu sprechen, der sich hier aufhalte; sie habe
eine Nachricht aus der Heimat mitzuteilen. Der König aber liess die Hexen
ergreifen und foltern, bis sie alles eingestanden hatten; und dann wurden sie
eingemauert, dass sie elendiglich umkommen mussten. Dem Burschen aber gab er
seine Tochter zur Gemahlin.
Kinder- und Hausmärchen aus der
Schweiz, O. Sutermeister 1869, Aargau nach handschriftlicher Mitteilung von E.
L. Rochholz
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