Freitag, 8. Mai 2020

Der Ahornbaum.


De Beerima isch zuenis cho
Er hät is alli Beeri gno
Er hät is Beeri g stohle:
`s Schüsseli leer un `s Beckeli leer,
alles zäme leer.
Ich wött i wär im Himmel
Und du im Paradies,
I wött, i hätt en Schimmel
Und du de Chopf voll Lüs!

Hochsal / Altschwanden ähnlich auch in Herrischried nach Badische Heimat Hochrhein und Hotzenwald, S. 240


Der Ahornbaum.

Es isch äinisch en König gsy und de hed drüü Mäitli ghaa. Äis Taags hed er ine gsäit, si sölle im Holz i d Eppeeri gòò und daa wo s Beckeli zeerscht voll hed, da bechömm es nöis Chläid. Do händ sich alli drüü uf de Wèèg gmacht, iedes mit sim Beckeli i de Hand. Di Jüngscht isch die vigelantischt gsy, und ires Beckeli gly Schlegel a Wegge voll. Di andere händs ire vergöischtigt, as si s Beckeli zeerscht voll ghaa hed. Do rüefft die Ältischt i irem Chyb de Jüngschte, ass si ire wott d Hòòr luuse und schloot ire gschnell de Chopf ab. De abgschlagnig Chopf aber, hed si imene Loch verscharret und Hèèrd drüber deckt. Dänn hed si mit de Mittlere d Eppeeri täilt, as iri Beckeli poorzet platschvoll devoo gsy sind und sind dänn zäme häi gange.
De König hed gfròògt wo die Jüngschti blibe n isch, und do händs gsäit, si hebet si im Holz usse äismòòl us de Auge verloore, si hebet überall gsuecht aber si sei nümme ume gsy und do hed de König nümme witer gfròògt.

Deet aber wo si de Chopf vo de Jüngscht vergraabe händ, isch en schööne Ahornbaum gwachse.

Do isch äis nach mängem, mängem Jòòr en Bättler a de Ort choo. Gseet de Baum, haut ne um  und macht e Gyge druus. Wo n er aber uf ire gyge tuet, hed d Gyge gar truurig aafòò singe:

„Ich bin e Chönigstochter
aber iez bin i us Ahorn.“
E chlyni Gyge.“

Do gòòt de Bättler vor s Königs Huus und fangt aa gyge und si händ en uf s Schloss gholt und wie de König d Gyge i d Hand nimmt, hed d Gyge töönt:

„spil, spil liebe Vater.
Ich bin e Chönigstochter
aber iez bin i us Ahorn.“
E chlyni Gyge.“

Do hed de König d Gyge de Mittlere gèè, und d Gyge hed töönt:

„Spil, spil liebi Schwöschter,
ich bin e Chönigstochter,
aber iez bin i us Ahorn,
e chlyni Gyge.“

Do hed si d Gyge de Ältischte gèè, aber si hed si nììd welle, hed si z letscht aber glych gnòò und do hed d Gyge töönt:

„Spil, spil du min Mörder,
ich bin e Chönigstochter,
aber iez bin i us Ahorn,
e chlyni Gyge.“

Do isch di Ältischt so gopvergässe verschrocke, as si d Gyge mit eme Göiss lo gheie lòò hed. Gyge schlòòt am Tischbäi aa, bricht abenand und di Jüngscht Königstochter chräsmet use und stòòt wider do. Was hed sich de König gfröit, er hed si umarmt und verschmützlet und im Bättler e Hampfle Goldvreeneli gèè. Dänn händ s die Ältischt Chönigstochter in es Nagelfass tue, händ de Teckel vernaglet und händ s Fass vom hööchschte Bèèrg lo troole lòò.
Und das isch s Änd vo ire und dere Gschìcht gsy.  
 


Der Ahornbaum.

Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter. Einmal sagte er ihnen, sie sollten ins Gehölz gehen und Erdbeeren pflücken. Welche zuerst ihren Topf voll habe, die bekomme ein neues Kleid. So machten sie sich zu dritt auf den Weg, und ihrer jede trug einen Topf. Die jüngste machte am hurtigsten, und ihr Topf war zu allererst voll. Jene waren voller Neid, dass sie ihn zuerst gefüllt hatte. Da sagte die älteste zur mittelsten, dass sie den Kopf der jüngsten absuchen wolle, und dann wolle sie ihr den Hals abschneiden. Die mittelste wollte erst nicht darauf eingehen; dann ging sie aber doch darauf ein. Da rief sie dem Kind, dass sie ihm den Kopf absuchen werde, und dann schnitt sie ihm den Kopf ab. Sie machten eine Grube, darin begruben sie es; dann teilten sie die Erdbeeren, füllten die Töpfe ganz damit und gingen heim.
Der König fragte, wo seine jüngste Tochter sei; sie sagten, das wüssten sie nicht, irgendwo im Wald sei sie verschollen, sie hätten sie gesucht, aber nicht gefunden.
Aber dort, wo sie sie eingegraben hatten, wuchs ein schöner Ahornbaum empor. Dahin ging ein Bettler, schnitt ihn ab und machte eine Fiedel daraus. Als er sie dann probierte, tönte sie also:
"Ich war eines Königs Tochter,
Aber jetzt bin ich aus Ahorn
Ein klein Geiglein."
Da ging der Bettler vor des Königs Fenster und geigte dort. Sie hörten ihn und riefen den Bettler hinauf. Wie der König die Geige zur Hand nahm, tönte sie bei ihm also:
"Geige, geige, lieber Vater,
Ich war einst auch deine Tochter,
Aber jetzt bin ich aus Ahorn
Ein klein Geiglein."
Darauf gab er sie seiner mittelsten Tochter, und bei ihr tönte sie also:
"Geige, geige, liebe Schwester,
Ich war eines Königs Tochter,
Aber jetzt bin ich aus Ahorn
Ein klein Geiglein."
Da gaben sie die Geige der ältesten; aber die wollte sie nicht in die Hand nehmen; schliesslich willigte sie ein, und bei ihr tönte sie also:
"Geige, geige, du mein Mörder,
Ich war eines Königs Tochter,
Aber jetzt bin ich aus Ahorn
Ein klein Geiglein."
Da erschrak das Mädchen sehr, und in ihrem Schrecken liess sie die Geige fallen. Die Geige stiess an das Tischbein; dort zerbrach sie. Wie sie zerbrach, siehe, da sprang die Königstochter aus ihr hervor. Nun war grosse Freude beim König; er umarmte und küsste seine liebe Tochter, und dem Bettler gab er eine gute Handvoll Goldstücke. Dann nagelten sie ein Fass aus; da hinein steckten sie die älteste Tochter, legten es oben auf einen Berg und liessen es von dort hinabrollen; so ist sie gestorben.

Quelle: Elisabet Sklarek, Ungarische Volksmärchen, Leipzig 1901, Nr. 21

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